Hanoi - 15/03/2023 8:30 AM

Hanoi ist grandios! Diese Stadt ist lebendig, gehaltvoll, schmutzig, ehrlich, gelassen, Ein stetes Treiben umgibt einen, wie das tiefe, grollende und gleichförmige Rauschen des Pazifik, ohne Hektik. Ich  fühle mich sofort wohl. Hier ist Hauptstadt, das spürt man, muss nicht extra erwähnt werden. Mit Hanoi und Saigon ist es wie mit Madrid und Barcelona, Berlin und München. Wo Bedeutung ist, muss man nicht vorgeben zu sein, nicht posen, sich anstrengen, in den Vordergrund stellen. Nichts Krachledernes hier.

Mein Hotel liegt im Zentrum der Altstadt, mitten im Treiben, Ich habe das einzige Zimmer mit Dachterrasse, großartig,

Ungezählte Strassenszenen erlebe ich täglich. Weder einfangen, noch be- und verarbeiten kann ich das in der kürze der Zeit. Hier nur ein paar derer.

Halong Bay ist eines der sieben von der UNESCO erklärten Weltwunder der Natur. Nahezu 2000 Kalkfelsen ragen aus dem Golf von Tonkin und die Bootsfahrt durch die unbewohnten Inseln ist atemberaubend. Von Hanoi habe ich einen Abstecher für zwei Tage auf einem kleinen Boot in Holzromantik unternommen - es war traumhaft. Passend hierzu gibt es eine fabelhafte Erzählung zur Entstehung der sagenhaften Inseln, die von einem Drachen erzählt, der, um feindliche Invasoren von Vietnam fern zu halten, zunächst Juwelen spie, die sich dann in Felsen verwandelten und anschließend mit seinem großen Schwanz tiefe Furchen in den Grund zog. Und als er sah, dass die Vietnamesen ein gutes Volk waren, stieg er nicht wieder in den Himmel zurück, sondern blieb bei ihnen, um sie ewig zu schützen. Dass es funktioniert ist ihnen zumindest für die Zukunft zu wünschen.


In einer zusammengewürfelten Gruppe tummeln sich ja sehr unterschiedliche Charaktere… Ein nettes Grüppchen daraus fand sich irgendwann mit der Mannschaft zusammen. Der Guide, die Crew, ein smartes Team, alles junge Familienväter, die viel und hart arbeiten. Bis auf Susu, unseren Guide, sehen sie ihre Familie nur vier Tage im Monat. Doch sie sind stolz, alle sind gut versorgt. Für die Familie gibt man hier alles, sie ist heilig. 

Der nächste Morgen wurde dann auch für uns hart…

Tja, irgendwie scheint mich das Glück im Überfluss zu begleiten. Als ob es nicht schon genug Wundervolles für mich bereit hätte, erlebe ich spät abends noch ein sensationelles Jazz-Konzert…

… und nicht nur das, ich stoße auch noch zu den Strassentänzern.

BAILAO HANOI

Am letzten Tag gehe ich in bewährter Manier, mit Guide durch die Strassen, in die Häuser und sehe und lerne Dinge, die ich sonst so  hätte nicht sehen können. Vor allem aber erlebe ich wieder eine junge Studentin (wirklich Zufall), die hoch motiviert, gebildet und intelligent ist. Es gibt hier über ein stolzes Gemeinschaftsgefühl hinaus, eine Aufbruchstimmung, die beeindruckende Bereitschaft und den unbedingten Willen, hart zu arbeiten, um eine bessere Zukunft zu schaffen. Man muss sie nur lassen.

Und trotz aller Widrigkeiten wissen sie auch, das Leben zu geniessen und zu feiern. 




Mein initiales Gefühl hat mich nicht getäuscht, Hanoi ist eine ganz besondere Stadt, sie ist wundervoll!



Nein, meine Geschichte von Hanoi und  Vietnam ist noch nicht zu Ende erzählt. Ich irrte in mehrfacher Hinsicht. Blauäugig, wie ich manchmal bin, dachte ich , ich könnte mir kurzerhand vor meinem Weiterflug nach Hongkong noch schnell das Ho-Chi-Minh Mausoleum anschauen. Das war mir wichtig und hatte ich bisher aus verschiedenen Gründen nicht geschafft, insbesondere weil der Einlass immer schon morgens um elf endet (nun ahne ich auch, warum). In der ganzen Zeit habe ich hier nur Menschen getroffen, die Ho-Chi-Minh verehren, ihn gar lieben, so auch die Studentin gestern. Als ich dort ankomme, komme ich aus dem Staunen nicht mehr raus, Gänsehaut-Feeling! Mein Freund Florian würde sagen: DER TOTALE WAHNSINN! DER TOTALE WAHNSINN!

Ich war schon beim beliebten Papst Johannes Paul II, der Massen anzog, ich habe mich 4 Stunden für eine der typischen Ostenuto-Ansprachen von Fiedel Castro mit Hugo Chávez in Havanna angestellt und die nicht enden wollenden, überwiegend organisierten Menschenmassen mit ihren Fahnen gesehen. Das ist alles nichts gegen die Stimmung unter den freudigen Massen von Männern und Frauen jedweden Alters, Schülern und Veteranen, die ich heute in den Schlangen zur Gedenkstätte Ho Chi Minhs erlebt habe und teils völlig aus dem Häuschen sind,  an einem gewöhnlichen Sonntagmorgen, 54 Jahre nach dem Tod ihres Idols. INDEPENDENCE OR DEATH

Dieses Volk weiß noch, wovon dies handelt - sie leben, schätzen und feiern ihre Unabhängigkeit durch und durch, jeden möglichen Moment.

Sie jubeln selbst mir entgegen, für ein Foto nehmen Sie ihre Masken ab. In bin gerührt!


Vehement bin ich für das Signalisieren einer permanenten Verhandlungsbereitschaft und repetitive Gesprächsangebote an Russland im Ukrainekrieg. Doch ich empfehle jedem, der der Ukraine wiederholt die Kapitulation mit Aufgabe ihrer Souveränität und Abtretung von Gebieten zu Gunsten von Menschenleben nahe legt, allen voran den Frauen Wagenknecht & Schwarzer, Herrn Precht oder den Freunden der AfD - welche sich im Übrigen alle Dank der wohligen Sicherheit durch ein, teils kritikwürdiges Bündnis ihrer ausgeprägten persönlichen Souveränität und Selbstbestimmung erfreuen - sich dieses Spektakel anzusehen.

Wofür sich Menschen entscheiden, wird einem an diesen Ort unzweifelhaft klar.


Bis zum Mausoleum bin ich natürlich nicht vorgedrungen, keine Chance. Aber mit Sicherheit beim nächsten Mal!

Am Ende wird alles gut, und wenn es nicht gut ist, dann ist es noch nicht zu Ende

altes indisches Sprichwort

Hongkong - 19/03/2023 5:30 PM

Was für ein Empfang hier in Hongkong - die Stadt ist auf den ersten Eindruck sowas von modern. 

Aber ich muss erst mal los…


Ich bin absolut von den Socken, im doppelten Sinne. Die letzen zwei Tage war ich nur unterwegs. Und sprachlos bin auch, weil ich sowas noch nie in dieser Ausprägung gesehen und erlebt habe, nicht mal in New York. Ich bin fasziniert von der Ästhetik, als auch der überwältigenden Größe, der man auf Schritt und Tritt begegnet, und dass die Stadt trotz dieses vermeintlichen Widerspruchs eben Charme versprüht. Allein die allseits präsenten roten Taxis ergeben ein schönes Bild. Selbst Baustellen sind hier schön.

Britisches und asiatisches Flair stehen nebeneinander, mal duftet es westlich aus einem Pub, dann wieder fernöstlich aus dem Dim Sum Restaurant. Der Standard ist sehr hoch, alles wirkt solide und funktioniert. Es ist eine eigene Welt, die gesehen und angefasst, verdaut, bewältigt werden will. Ich will das keinesfalls glorifizieren, man kann und sollte hier einiges kritisch betrachten. Hier herrscht maximaler neoliberaler Finanzkapitalismus mit all seinen Folgen; nirgendwo auf der Welt ist die Diskrepanz zwischen Arm und Reich so ausgeprägt, ein perfektionistischer Körperkult ist augenscheinlich, von Nachhaltigkeit ist wenig zu sehen. Doch das sprengt an zwei Tagen den Rahmen… 


Ich kann und mag vorerst nur vereinzelte Impressionen zeigen. Und das auch nur nach und nach. Denn auch die Menge an Fotos, die entstanden sind, überwältigt mich im Nachhinein…  





Die Reise nach Tokyo dauert lange und ist zu meinem „Erstaunen“ äußerst zäh… Dies gibt mir jedoch Gelegenheit etwas Ruhe zu finden. Dabei wird mir bewußt, wie sehr ich in den Strudel dieser „modernen“ Megacity gezogen wurde, mich darin vergas, verlor und letztlich auch nicht mehr spürte.

Ich erinnere mich an den Epilog der letzten Schrift des sehr geschätzten Roger Willemsen „wer wir waren“ 

„[…] Wir erwachen im Goldenen Zeitalter der Ruhelosen und werden sagen konnen: Wenn wir in den Städten auf die Straße traten, hatte der Kampf um unsere Aufmerksamkeit schon eingesetzt. Die Fassaden schrien uns an, die Nackten umgarnten uns in den Auslagen, immer gab es etwas Hingeräkeltes, Schmeichlerisches, das uns besser gefallen wollte als alles sonst auf der Welt. Alles Großaufnahme, alles äußerste Steigerungsform, und wir dazwischen, die umkämpften Abgekämpften. 

Dass wir nicht mehr konnten, erliegen, dass wir unrettbar sind, in der Kapitulation leben, das sagten wir nicht, wir fühlten es bloß, und es gab Waren dagegen, kaufliche Stimmungen und Versprechen. Der Mensch für sich, er hat sein Recht verwirkt, es auch drauBen zu sein. 

Die Außenwelt betritt er nur unter Verzicht auf dieses aufgeriebene, kaum mehr souveräne Ich.

Und mehr noch: Wir leben als die neuen Menschen mitten in einer Multiplikation der Aufmerksamkeitsherde. Fahren, Essen, Mailen, Musikhoren, Schreiben, Nachrichten-Aufnehmen, all das vollzieht sich im selben Zeitabschnitt. Wir wissen es, wir hatten eine Art schlechtes Gewissen angesichts unserer Flüchtigkeit und kultivieren sie weiter, die flache Aufmerksamkeit, die jedes Detail darin weniger prägnant, auch weniger beeindruckend erscheinen lasst. 

Neu ist vielleicht nicht der Mensch, der neugieriger auf die Uhr schaut als ins Gesicht der Ehefrau. Neu ist nicht einmal jener, der auf den Bildschirm interessierter blickt als auf die Welt und von »virtueller Welt« spricht, damit sie der alt-analogen wenigstens noch semantisch gleiche. Neu ist eher jener Typus des »Second-Screen-Menschen«, dem der eine Bildschirm nicht mehr reicht, der ohne mehrere Parallelhandlungen die Welt nicht erträgt und im Blend der Informationen, Impulse und bildgeleiteten Affekte sich selbst eine Art behäbiger Mutterkonzern ist, unpraktisch konfiguriert und irgendwie fern und unerreichbar. 

Wir machten dabei nicht der Gegenwart allein den Prozess, sondern unserer eigenen Anwesenheit. Wir fanden, die Räume seien es nicht wert, dass man in ihnen verweilte, wir selbst fühlten uns nicht gemacht, hier zu sein und zu bleiben. Selbst im offentlichen Raum schwinden ja die Transit-Zonen des reinen Wartens, die Fristen der nicht-effektiven Zeiten, der drohenden Selbstversenkung werden knapp. Musik fällt ein, Bilder strömen, Informationen schwirren aus, ungerufen. Dauernd öffnen sich neue Räume und in diesen wieder neue, des Konsums, der Serviceangebote, und die Apparate emanzipierten sich: Was dazu da gewesen war, eine Sprechverbindung zu eröffnen, war plotzlich ein Spiegelkabinett, vollgestopft mit Bildern. Ganze Daten-Halden führten wir mit uns, sinnvoll-sinnlos, nützlich-nutzlos geballte Nachrichtenkomplexe, Kaufanreize, Orientierungsangebote, Wellnessofferten. 

Was ein Telefon gewesen war, wurde ein  Zentralrechner, was ein Hemd war, ein Thermometer, ein Haus wurde eine Komfort-Maschine. Alle Modifikationen mündeten in dieser großen Bequemlichkeit und Verfügbarkeit, die wir kurz genossen, dann kaum mehr empfanden und durch einen neuen Lebenszustand ersetzten: die Überforderung, die Abstumpfung, die Kapitulation vor der Entmündigung. Ja, wir brannten aus in all der Reibungslosigkeit.“ 

Tokyo - 23/03/2023 11:30 PM

Cagnipa Island, Palawan, Pilippinen - 27/04/2023 15:30 PM

Es ist lange her, mehr als ein Monat, dass ich meine Seite aktualisiert oder neue Bilder „gepostet“ habe. Ebenso lang ist es mir ein Anliegen, fortzufahren, doch anderes hatte Priorität. Inzwischen habe ich wieder mehr Kapazität und bevor noch mehr besorgte Anfragen aus der Heimat auf den den Weg geschickt werden, ob es mir gut gehe, ob ich noch lebte, melde ich mich von Cagnipa Island, einer abgeschiedenen Insel der Philippinen, wo ich seit vier Tagen, in exzellenter Verfassung, eine der letzten Etappen meiner Reise auskoste, nicht wissend, wann diese Zeilen letztlich online gehen werden, da es hier aktuell weder Telefon- noch Internetverbindung gibt, weil die auch sonst karge Verbindung zur Außenwelt vor einer guten Woche gänzlich zusammengebrochen ist - was mir nicht nur entgegenkommt, sondern in die Entscheidung hier her zu kommen, eingeflossen ist.


Mit vier weiteren Reisenden und sechs Mitarbeitern des Resorts teile ich momentan dieses etwa vier Quadratkilometer große Paradies mit perfekt temperiertem, aquamarinfarbenem Wasser, weißem Sandstrand unter Kokos-Palmen. Es ist ein Traum, eine Wohltat, ein Privileg, diese großartige, üppige wie feine Natur und exklusive Ruhe so erleben und genießen zu dürfen. Es gäbe wohl kaum eine bessere und schönere Gelegenheit, um die wundervollen und intensiven Momente der letzen Monate nachwirken zu lassen und - so seltsam es vielleicht klingen mag - etwas zur Ruhe zu kommen. 

Auf den Philippinen bin ich gelandet, weil ich seit langem eine Neugier für die Heimat unserer so herzlichen, engagierten und schwärmenden Pflegekräfte, die uns seit Corona unterstützen, habe und weil ich so manchem Mitreisenden die Begeisterung über die Philippinen ansah. Und nachdem mich Japan im Kontrastprogramm zur bisherigen Reise so ziemlich hin und her geschleudert hatte - und zwar vom allerersten Moment an, ich werde noch berichten - war mir nochmal mehr nach Natur, Meer & Sonne, stabiler Wärme und offener Begegnung mit Menschen. Und genau das erlebe ich nun hier. 

Morgen geht’s weiter und sollte es mir dann gelingen bzw. inzwischen gelungen sein, einen weiteren, kurzfristigen Traum zu realisieren - von meiner Insel kann ich ja nichts fix planen - dann bin ich die restlichen Tage auf See, um das sagenhafte Bacuit-Archipel zu erkunden.

Ich werde sehen…