(Die dokumentarischen bzw. reproduzierenden Fotos sind ausnahmsweise, aber gezielt mit dem iPhone gemacht)
Ja, die Fotografen und die Presse hatten damals eine, in ihrer bis dahin ungewohnten und erschreckenden Nähe und Deutlichkeit, neue und damit letztlich mitentscheidende Rolle in diesem brutalen Krieg.
Andererseits ist wieder einmal lehrreich, etwas mehr Hintergrundinformation zur Entstehung der legendären Aufnahme des „Napalm-Mädchen“ Kim Phúc von Nick Út zu haben. So real und schlimm die Situation für Kim Phúc und die anderen zivilen Opfer waren, der nachträgliche Beschnitt hat das Bild erst so gravierend gemacht und dadurch seine, gute! Wirkung gegen den Krieg entfaltet. Die umgebende Situation war viel weniger dramatisch und die Bombardierung erfolgte auf Veranlassung der südvietnamesischen Einheiten, nicht der Amerikaner selbst.
Nichtsdestotrotz sind in diesem Krieg unzählige völkerrechtswidrige Verbrechen von amerikanischen Truppen und Vietnamesen auf beiden Seiten in einem unfassbaren, schrecklichen Ausmaß verübt worden. Napalm, Streubomben, Millionen Tonnen Dioxin in „agent orange“, in Folge dessen mehrere hunderttausend Kinder verstümmelt und entstellt zur Welt kamen (und noch kommen!), sind nur einige davon. Erst im Nachgang wird mir bewusst, dass mein erster Moped-Taxidriver, zum Hotel in Saigon, mit seiner schlecht korrigierten Lippenspalte eines jener Opfer sein wird. Im Museum bin ich Stunden, Bilder, Eindrücke und Geschichten bleiben für immer. Leid und Unrecht, damals Vietnam, heute Ukraine, My Lai und Butscha.
Es gibt hier Nudeln, die nach Obama benannt sind. Er war der erste Präsident Amerikas, der ernsthaft an Reparationen interessiert war und sie auch umgesetzt hat. Regionen wurden von Landminen und Dioxin befreit, doch bei Weitem nicht alles. Weiterhin ist die Erde ganzer Landstriche giftig und bis in tiefe Schichten orange gefärbt.
Und dennoch werde ich im Laufe der Tage den Eindruck gewinnen, dass sich Vietnam auf sich selbst und seinem eigenen Weg, seine eine selbstbewusste Art und Haltung besinnt, anstatt entweder einem blinden Gefolge im „kommunistischen Block“ oder einem simplen und reflexartigen Antiamerikanismus à la Wagenknecht & Co. (mit zudem verlogener Friedensmission und ideologischer Täter-Opfer-Umkehr) zu verfallen. 3 Millionen Vietnamesen sind damals dem Krieg zum Opfer gefallen, aber sie haben den Krieg gewonnen. INDEPENDENCE OR DEATH. Sie können heue eine neutrale Position einnehmen, auch darauf sind sie stolz, zurecht.
Der Wiedervereinigungspalast, ehemals Unabhängigkeitspalast und Sitz des südvietnamesischen Präsidenten, ist ein hochspannender Ort, an dem man neben den geschichtlichen Details während des Vietnamkriegs die Lebensrealität der vietnamesischen Führung und die innen-/architektonische Luft inklusive Bunker mit Krisenkommandozentrale während jener Zeit atmen kann.